Vermieten & Verwalten
Dicke Luft beim Bundesgerichtshof: Rauchen auf dem Balkon
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Rauchen

Wie weit müssen sich die Mie­ter ei­ner Woh­nung ein­schränken, wenn sich der Nach­bar vom Zi­gar­et­ten­rauch auf dem Bal­kon belästigt oder gefähr­det fühlt? Die­se Fra­ge, bei der un­ter an­de­rem ab­ge­wo­gen wer­den muss, dass "Rau­chen oder Nicht­rau­chen" (Frei nach Sha­ke­s­pea­re) zur frei­en Per­sön­lich­keits­ent­fal­tung ge­hört, aber nie­mand be­läs­tigt oder in sei­ner Ge­sund­heit geschädigt wer­den darf, hat­te der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) zu ent­schei­den.

Das Land­ge­richt Pots­dam hat­te die Be­ru­fung der Klä­ger ge­gen die Ent­schei­dung des Amts­ge­rich­tes Rat­he­now zu­rück­ge­wie­sen (LG Pots­dam, Ur­teil vom 14. März 2014, Ak­ten­zei­chen 1 S 31/13), wel­ches die Kla­ge ab­ge­wie­sen hat­te (AG Ra­the­now, Ur­teil vom 06. Sep­tem­ber 2013, Ak­ten­zei­chen 4 C 300/13). Bei­de Ge­rich­te wa­ren der Mei­nung, dass ein Rauch­ver­bot nicht mit der frei­en Per­sön­lich­keits­ent­fal­tung ge­mäß Art. 2 Abs. 1 Grund­ge­setz ver­ein­bar sei. Des­halb dür­fe der Nach­bar un­ab­hän­g­ig von zeit­li­chen und men­gen­mäß­igen Vor­ga­ben auf dem zur ge­mie­te­ten Woh­nung ge­hör­en­den Bal­kon rau­chen. So ein­fach war es aber nicht, stell­te der BGH fest ...

Rauchverbot
auf dem Balkon?
Der BGH sagt:
"Nein, aber..."
Der V. Zivil­se­nat des BGH hat mit Ur­teil vom 16. Jan­u­ar 2015, Ak­ten­zei­chen V ZR 110/14 zu Guns­ten des durch den Rauch be­ein­trächtig­ten Nach­barn ent­schie­den und das Be­ru­fungs­ur­teil des Land­ge­rich­tes auf­ge­ho­ben.

In sei­nem Be­sitz, so der BGH, darf der Mie­ters nicht durch die Im­mis­sio­nen gestört wer­den, wor­aus sich in die­sem Fall grundsätz­lich ein Ab­wehr­an­spruch ab­lei­tet, je­doch wird aus­geführt: "Der Ab­wehr­an­spruch ist [...] aus­ge­schlos­sen, wenn die mit dem Ta­bak­rauch ver­bun­de­nen Be­ein­trächti­gun­gen nur un­we­sent­lich sind. Das ist an­zu­neh­men, wenn sie auf dem Bal­kon der Woh­nung des sich gestört fühlen­den Mie­ters nach dem Emp­fin­den ei­nes ver­stän­di­gen durch­schnitt­li­chen Men­schen nicht als we­sent­li­che Be­ein­trächti­gung emp­fun­den wer­den."

Es kann und darf kein ab­so­lu­tes Rauch­ver­bot ge­ben, wenn aber die Ba­ge­tell­gren­ze über­schrit­ten wird, ist ei­ne ge­gen­sei­ti­ge Rück­sicht­nah­me not­wen­dig, am bes­ten durch ge­gen­sei­ti­ge zeit­li­che Ab­spra­chen. So muss der rau­chen­de Mie­ter sei­nen Bal­kon wei­ter­hin zum Rau­chen nut­zen können, da die­ses zum ver­trags­ge­mäßen Ge­brauch ei­ner Miet­sa­che gehört, ge­nau­so wie auch der nicht rau­chen­de Mie­ter sei­nen Bal­kon miet­ver­trags­gemäß nut­zen können muss. Ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen ei­nem Mie­ter und sei­nem Ver­mie­ter recht­fer­ti­gen nicht die Störun­gen an­de­rer Mie­ter.

Neben der Belästi­gungs­the­ma­tik hat sich der BGH auch zum ge­sund­heit­li­chen Aspekt geäußert: "Im­mis­sio­nen, die die Ge­fahr ge­sund­heit­li­cher Schäden be­gründen, sind grund­sätz­lich als ei­ne we­sent­li­che und da­mit nicht zu dul­den­de Be­ein­trächti­gung an­zu­se­hen. Bei der Ein­schätz­ung der Gefähr­lich­keit der Ein­wir­kun­gen durch auf­stei­gen­den Ta­bakrauch ist al­ler­dings zu berück­sich­ti­gen, dass im Frei­en ge­raucht wird. In­so­weit kommt den Nicht­rau­cher­schutz­ge­set­zen des Bun­des und der Länder, die das Rau­chen im Frei­en grundsätz­lich nicht ver­bie­ten, ei­ne In­diz­wir­kung da­hin­ge­hend zu, dass mit dem Rau­chen auf dem Bal­kon kei­ne kon­kre­ten Ge­fah­ren für die Ge­sund­heit an­de­rer ein­her­ge­hen. Nur wenn es dem Mie­ter ge­lingt, die­se An­nah­me zu erschüttern, in­dem er nach­weist, dass im kon­kre­ten Fall der fun­dier­te Ver­dacht ei­ner Ge­sund­heits­be­ein­trächti­gung be­steht, wird ei­ne we­sent­li­che Be­ein­trächti­gung vor­lie­gen und des­halb ei­ne Ge­brauchs­re­ge­lung ge­trof­fen wer­den müssen.", so die Pres­se­mit­tei­lung des BGH.

Mit dem Ur­teil hat der BGH fest­ge­stellt, dass Zi­ga­ret­ten­rauch ei­ne schädli­chen Emis­sio­nen ist, zu die­sen gehören Lärm, Gerüche, Ruß und eben auch Ta­bak­rauch. Da­her be­steht mögli­cher­wei­se ein Ab­wehr­an­spruch, wo­rü­ber das Land­ge­richt Pots­dam nun wie­der neu ent­schei­den muss.